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Wynne Harlen und David Symington

Kindern helfen zu beobachten

Veröffentlicht in:
Begegnung. Dokumentation der 8. bundesweiten Fachtagung der Lernwerkstätten 1995. Wolfsburg: Immen-Verlag 1996, S. 138-150.

Originaltext:
Wynne Harlen / David Symington: Helping Children to observe. - In: Primary Science ... taking the plunge. How to teach primary science more effectively. Ed. By Wynne Harlen. London: Heinemann Educational (2) 1985, S. 21 - 35. Aus dem Englischen übertragen von Karin Ernst. © für die Übersetzung: Karin Ernst 1996, 2001.


Einführung
Über das Beobachten
Aspekte der Beobachtungsfähigkeit
Wie gut können Kinder beobachten?
Warum Verbesserungen nötig sind
Kindern helfen zu beobachten
Zusammenfassung der wichtigsten Punkte
Literaturhinweise

Einführung nach oben

Daß die Fähigkeit zu beobachten in der naturwissenschaftlichen Grundbildung eine zentrale Rolle spielt, wird weithin anerkannt. In den Zielsetzungen des Sachunterrichts und in den selbstgesetzten Zielen von Lehrerinnen, nach denen sie die Aktivitäten für ihren Unterricht planen, steht das Beobachten ganz obenan. Deshalb wollen wir hier keine Zeit damit verschwenden, für die Wichtigkeit des Beobachtens an sich einzutreten. Es geht uns in diesem Kapitel vielmehr darum, zu zeigen, daß es Gründe gibt, Kindern dabei zu helfen, besser zu beobachten. Wir möchten deshalb die Rolle der Lehrerinnen bei der Förderung der kindlichen Beobachtungsfähigkeit in den Mittelpunkt stellen.

Wir beginnen mit einer kurzen Skizze über die Natur der Beobachtung und wichtiger Merkmale dieser Fähigkeit, berichten dann von einigen Forschungsergebnissen, die zeigen, daß es hierbei durchaus Raum für Verbesserungen gibt, gefolgt von einer kurzen Zusammenfassung über die Rolle des Beobachtens im Lernen von Kindern. Im letzten Abschnitt machen wir schließlich Vorschläge für Unterrichtsstrategien und -abläufe, die Kindern helfen, wirksamer zu beobachten.

Über das Beobachten nach oben

Beobachten ist der Prozeß, durch den wir von etwas Notiz nehmen, durch den uns Dinge und Geschehnisse bewußt werden. Dabei können unsere Sinne einzeln oder in Kombination miteinander beteiligt sein. Informationen durch Beobachtung aufzunehmen, ist aber nicht dasselbe, wie Wasser mit einem Schwamm aufzusaugen. Die Sinne absorbieren nicht alles, was da ist; sie wählen aus, und die Auswahl wird durch vorhandene Ideen und Erwartungen beeinflußt. Die Denkstrukturen und das Wissen, das wir schon haben, beeinflussen, was wir sehen, hören oder fühlen. Zwei Menschen beispielsweise, die am Himmel die gleiche Wolkenformation beobachten, können dabei recht unterschiedliche Sachen wahrnehmen. Wer über Wolken nur weiß, daß sie die Sonne blockieren und Regen bringen, sieht vielleicht nur ihre Ausbreitung über den Himmel und ihre Dunkelheit. Wer die Bedeutung verschiedener Merkmale von Wolken kennt, kann möglicherweise ihre wahrscheinliche Höhe, Dichte, Bewegungsrichtung und Formationsveränderung beschreiben und zukünftige Veränderungen aufgrund seiner Beobachtungen vorhersagen. Die bekannte Geschichte des Pfarrers und des Insektenforschers, die im Kirchhof spazierengehen, ist ein weiteres Beispiel: Der Klang eines in der Kirche singenden Chores mischte sich mit dem Zirpen der Grillen und den anderen Geräuschen, die man früh am Abend auf dem Lande hören kann. Der Pfarrer gab seiner Bewunderung für die lieblichen Laute, die zu hören waren, Ausdruck. Der Insektenforscher stimmte ihm zu: "... und es ist besonders toll, wenn man bedenkt, daß sie sie mit ihren Hinterbeinen machen." Obwohl beiden im physikalischen Sinne die gleichen Geräusche zugänglich waren, hörte jeder etwas anderes.

Für den Unterricht bedeutet dies, daß nicht jeder die gleichen Dinge beobachtet, auch wenn sie von allen bemerkt werden könnten. Nehmen Sie zum Beispiel den Lehrer, der einer Gruppe von Kindern zu zeigen hoffte, daß eine Kerze unter einem Marmeladenglas um so länger brennt, je größer das Glas ist. Er hatte drei unterschiedlich große Gläser und gab den Jungen Anweisungen, sie alle zur gleichen Zeit über die brennenden Kerzen zu stülpen. Es funktionierte gut. Als der Lehrer dann fragte, welche Unterschiede sie zwischen den einzelnen Gefäßen bemerkt hatten, war er von ihrer Antwort enttäuscht: "Keinen. Es passierte bei allen das gleiche. Alle Kerzen gingen aus." Keiner der Jungen hatte beobachtet, was der Lehrer gehofft hatte - die Unterschiede in der Brenndauer der Kerzen, die groß genug waren, um bemerkt zu werden, wenn man nur darauf achtete. Der Lehrer hatte wahrscheinlich angenommen, daß die Unterschiede, weil sie sichtbar waren, auch bemerkt werden würden. - Später kommen wir auf dieses Beispiel noch einmal zurück, um einige Hinweise zu geben, wie man als Lehrerin mit solchen Situationen besser umgehen kann.

Ein weiteres Beispiel dafür, wie unser Wissen und Denken unsere Beobachtung beeinflussen, kommt von einer Lehrerin, die mit ihren Schülern auf Klassenfahrt in den Niederlanden war. Die Lehrerin war zutiefst erstaunt, als sie sah, daß der Wasserspiegel in den Kanälen um einige Meter höher lag als das umliegende Weideland. Als die Kinder später die Kanäle, Boote, Kühe und Weiden beschrieben, die sie gesehen hatten, wurde dieser Umstand von ihnen jedoch nicht erwähnt. Offensichtlich erwarteten die Kinder nicht - wie ihre Lehrerin -, daß der Wasserspiegel in Wasserstraßen normalerweise unterhalb des sie umgebenden Landes liegt. Deshalb haben sie diese Beobachtung einfach nicht verarbeitet.

Dies bedeutet nicht, daß wir von unserem vorhandenen Wissen total geblendet sind und nie über unseren Horizont hinausschauen. Aber es legt nahe, daß die Entwicklung der Beobachtungsfähigkeit mit dem Aufbau von Denkstrukturen Hand in Hand geht. Wenn Kinder ihre Beobachtungsfähigkeit entwickeln, haben sie die Möglichkeit, bewußt nach Informationen zu suchen, die ihr Denken erweitern. Lehrerinnen haben bei dieser Entwicklung die Aufgabe, Gelegenheiten zu schaffen, bei denen vielfältige Beobachtungsaspekte wichtig werden, oft mit Hilfe von Diskussionen, oder, indem sie Problemstellungen aufwerfen, zu deren Lösung sehr vielfältige Beobachtungen, die aufeinander bezogen werden müssen, nötig sind. Im Verlauf solcher Prozesse erweitern die Kinder nicht nur ihr Wissen und ihre Ansichten über die Sachen, die sie gerade beobachten, sondern entwickeln auch Fähigkeiten, die sie auf andere Probleme und Situationen übertragen können. Deshalb ist die Erweiterung von Denken und Verstehen vom Entwickeln der Fähigkeit, zu beobachten, begleitet, und hängt zu einem gewissen Maße auch von ihr ab.

Aspekte der Beobachtungsfähigkeit nach oben

Im folgenden wollen wir auf die verschiedenen Aspekte des Beobachtens und ihren Beitrag zur Entwicklung des Denkens genauer eingehen.

Das Beobachten von Details

Gleich zu Beginn des Schuljahres gibt eine Lehrerin ihren elfjährigen Schülerinnen und Schülern gerne folgende Aufgabe: Jedes Kind erhält eine brennende Kerze und ein Blatt weißes Papier und soll seine Beobachtungen über die Kerzenflamme aufschreiben. Die Beschreibungen variieren in ihrer Differenziertheit sehr. Viele Kinder verhalten sich ähnlich wie das Kind, das nur schrieb: "Die Flamme ist gelb und spitz am Ende. Sie flackert." Zum Vergleich aber auch ein anderer Bericht: "Die Flamme ist im unteren Teil blau, etwas höher wird sie gelb, und dann spitzt sie sich zu einem dunkleren, federartigem Ende zu. Im Inneren des Ganzen befindet sich eine kleinere, dunklere Flamme, die die gleiche Form aufweist. Die Form verändert sich in dem Maße, wie die Flamme flackert." Die Lehrerin hat die Erfahrung gemacht, daß die Diskussion der verschiedenen Beschreibungen die Kinder dazu bringt, noch einmal genauer hinzuschauen, wodurch manchmal Streitigkeiten bereinigt, oft aber alle Berichte noch einmal überarbeitet und verbessert werden. Die Lehrerin ist nicht so sehr (de facto fast überhaupt nicht) daran interessiert, daß die Schüler etwas über die Flamme lernen. Ihr ist es wichtiger, daß sie lernen, wieviel sie durch genaues Hinsehen herausfinden können. Wenn die Schüler später Dinge oder Vorgänge beobachten, über die sie von sich aus mehr wissen wollen, stellt sie ihnen dieselbe Art von Fragen, die ihnen geholfen haben, bei der Kerze genauer hinzuschauen - nach der Form, Größe und Farbe jedes Merkmals, danach, ob es sich verändert oder gleich bleibt, und, falls es sich verändert, wie, und ob sich etwas anderes zur gleichen Zeit verändert, usw. Ob es sich nun um eine Raupe oder einen wachsenden Kristall in einer Lösung handelt, - die Kinder lernen, Informationen vom Beobachtungsobjekt selbst zu bekommen, indem sie es sich in allen Einzelheiten ansehen.

Sich Details anzusehen, trägt häufig besser dazu bei, seine Beobachtungen zu verstehen und einzuordnen, als das bloße Schauen auf allgemeine Merkmale. Das eine Kind kann sich beispielsweise eine Raupe ansehen und feststellen, daß sie sieben Paar Beine hat, die über die Länge des Körpers verteilt sind. Ein anderes Kind bemerkt möglicherweise die Unterschiede in der Form und Bewegung zwischen den drei Beinpaaren zum Laufen und den vier Paaren gepolsterter Füße. Das zweite Kind hat damit die besseren Voraussetzungen, die Beine der Raupe und die Beine des Schmetterlings nach der Metamorphose in Verbindung zu bringen und zu der allgemeinen Schlußfolgerung zu kommen, daß Insekten drei Paar Beine haben.

Das Beobachten von Ähnlichkeiten und Unterschieden

Die Sinne von Kindern sind scharf. Die Kinder sind sehr gut in der Lage, kleine Unterschiede bei zwei ziemlich ähnlichen Objekten festzustellen. Sie haben Freude an Rätseln des Typs "Original oder Fälschung", bei denen sie bei zwei fast gleichen Bildern die Unterschiede finden sollen. Uns stellt das vor Probleme, denn bei Rätseln dieser Art geht es nicht so sehr um eine besonders gute Beobachtung, da die Fehler nach dem Zufallsprinzip verteilt sind. Es gibt keine Regelmäßigkeiten, nach denen man suchen kann, und die eine Beobachtung ist kein Schlüssel für die andere. Beobachten im Zusammenhang wissenschaftlicher Aktivitäten ist anders. Hier verfolgt das Finden von Unterschieden ein bestimmtes Ziel, das häufig darin liegt, ein Set von Bedingungen oder Eigenschaften zu enträtseln, die etwas erklären oder ein Problem lösen können. Das Auflisten aller möglichen beobachteten Verschiedenheiten kann das Problem eher verschleiern und zur Folge haben, daß ein sinnvolles Muster schwerer erkannt wird. Um ein Beispiel zu geben: Um herauszufinden, woran man erkennt, ob Eier schon gekocht oder innen noch flüssig sind, untersuchte eine Gruppe von Kindern zunächst Eier, von denen sie bereits wußten, daß sie gekocht bzw. roh waren. Sie führten Unterschiede in der Bewegung der Eier (rollen und drehen), in den Geräuschen, die sie beim daraufklopfen machten, in ihrem Verhalten in Leitungswasser und in Salzwasser, usw., auf. Bei ihrer Untersuchung hätte es ihnen jedoch nichts genützt, wenn sie auch auf die Unterschiede in der Struktur der Schale oder die verschiedenfarbigen Stempel der Eier geachtet hätten. Die Kinder müssen also lernen, in Bezug auf das zu lösende Problem oder den Grund für ihre Beobachtung zwischen wichtigen und unwichtigen Differenzen zu unterscheiden.

Wahrscheinlich ist es wichtiger, Ähnlichkeiten zu beobachten, als Unterschiede. Oft wird dem aber weniger Aufmerksamkeit gewidmet. Zu erkennen, daß die beiden Objekte in Abbildung 1 trotz ihrer vielen Unterschiede etwas gemeinsam haben, heißt gleichzeitig, zu umfassenderen Einsichten - Grundideen und Verallgemeinerungen - zu kommen, die Dinge miteinander verbinden, die sich auf verschiedenste Weise voneinander unterscheiden. Solche grundlegenden Einsichten sind für das menschliche Verstehen essentiell; ohne sie würden wir in der Vielfalt der Objekte und Ereignisse, die uns umgeben, untergehen.

Sitzgelegenheiten

Bild 1 Ungeachtet der Unterschiede haben diese Gegenstände genügend Gemeinsamkeiten, um beide als Objekte zum Sitzen identifiziert zu werden.

Die Ausbildung von Denkstrukturen hängt vom Erkennen wichtiger Übereinstimmungen zwischen den Dingen ab, und diese Fähigkeit braucht man in Situationen, in denen einem alles verschiedenartig erscheint. Besonders wichtig ist es hierbei, zu sehen, daß man die Dinge unterschiedlich ordnen kann, je nach dem, auf welche Merkmale man achtet. Eine Katze, ein Hund und ein Wellensittich gehören z.B. in dieselbe Gruppe, wenn wir sie als Haustiere oder als Tiere, die einen Schwanz tragen, betrachten, aber zu unterschiedlichen Gruppen, wenn wir auf andere Merkmale ihrer Anatomie oder auf ihre Nahrung achten. Ebenso gleichen sich die drei Pendel in Bild 2 nach den Merkmalen in (a) oder in (b) oder in (c).

Zum besseren Beobachten gehört es, die Erkenntnis anzuwenden, daß einige Ähnlichkeiten bzw. Unterschiede wichtiger als andere sind. Beim Erkunden der Pendel können die Kinder dies mit der Zeit herausfinden. Damit wird diese Information in das Hintergrundwissen der Kinder über Pendel integriert und kann ihnen helfen, beobachtete Unterschiedlichkeiten, die bedeutungslos sind, auszublenden. Ähnlich war es ja schon beim Beispiel der Eier, bei dem die Farbe der Etiketten eine nicht-relevante Unterschiedlichkeit war.

Bild 2 Unterschiedliche Pendel

Das Beobachten von Vorgängen und Abfolgen

Oft kommt es auf die Beziehung zwischen der einen und der anderen Beobachtung und nicht so sehr auf die einzelne Beobachtung an, um Ereignisse zu verstehen. Ein Kind beobachtet vielleicht, daß eine kalte Getränkedose, die man aus dem Kühlschrank nimmt, mit Feuchtigkeit beschlagen ist. Um zu verstehen, warum das so ist, muß man mehrere Beobachtungen nacheinander machen. War schon Feuchtigkeit auf der Dose, als sie noch im Kühlschrank war? Wann wurde sie sichtbar? Was passiert, wenn die Dose längere Zeit außerhalb des Kühlschrankes aufbewahrt wird? Tritt das Feuchtwerden auch auf, wenn man eine leere Dose verwendet? Ein weiteres Beispiel: Wenn Kinder sorgfältig beobachten, wie farbige Tinte durch Löschpapier aufgesaugt wird, hilft ihnen dies, zu verstehen, wie die verschiedenen Bestandteile, die die Farbe ausmachen, getrennt werden können. Auf diese Weise wird Chromatographie ein Vorgang, den sie verstehen können, und erscheint ihnen nicht mehr wie Zauberei.

Gesetzmäßigkeiten und Muster in Beobachtungen erkennen

Die Verbindung von einer Beobachtung mit einer anderen wurde bereits in Bezug auf Ähnlichkeiten und Unterschiede sowie bei Abfolgen erwähnt. "Muster" in Beobachtungen zu entdecken, führt noch einen Schritt weiter; um mögliche Gesetzmäßigkeiten zu finden, muß man oft zwischen Beobachtungen und strukturierenden Ideen hin- und herwechseln. Hierzu ein Beispiel: Bei dem Spielzeug "Newtons Wiege" (Bild 3) schwingt, wenn man an der einen Seite eine Kugel zur Seite zieht und wieder losläßt, an der anderen Seite eine Kugel weg. Wenn an einer Seite zwei Kugeln zusammen weggenommen und losgelassen werden, schwingen an der anderen Seite zwei Kugeln weg. Das legt eine Gesetzmäßigkeit nahe, aber um sie zu bestätigen, müssen weitere Beobachtungen gemacht werden.

Bild 3: "Newtons Wiege"

In ähnlicher Weise können Gesetzmäßigkeiten herausgefunden werden, wenn man Wetterbeobachtungen anstellt - auf der einfachsten Ebene als Beziehung zwischen Wolken und Regen oder komplexer, wie es bei der Wettervorhersage geschieht. Der Gebrauch von "Mustern" bei Beobachtungen, um Vorhersagen zu machen oder Erklärungen zu finden, zeigt sehr deutlich, wie diese "Prozeßfähigkeit" dabei hilft, Einsichten und Verallgemeinerungen zu entwickeln, die unser Verständnis der Phänomene in der Welt darstellen.

Wie gut können Kinder beobachten? nach oben

Auf diese Frage gibt es keine direkte Antwort. Eine gründliche Untersuchung der Leistungen von Kindern hinsichtlich verschiedener Aspekte von Beobachtungsfähigkeit hat jedoch zu Ergebnissen geführt, die die bisherige Unterrichtspraxis ernsthaft in Frage stellen.

Die Umfragen der APU wurden in England, Wales und Nordirland zwischen 1980 und 1984 durchgeführt. Sie beinhalteten praktische Tests, in denen Kindern zwischen 10 und 11 Jahren verschiedene Beobachtungsaufgaben gestellt wurden. Die Ergebnisse dieser ersten beiden Umfragen können wie folgt zusammengefaßt werden (vgl. DES 1983):

Details beobachten

Ähnlichkeiten und Unterschiede beobachten

Vorgänge und Abfolgen beobachten

Muster in Beobachtungen entdecken

Warum Verbesserungen nötig sind nach oben

Obwohl diese Ergebnisse nur in drei Ländern des Vereinigten Königreichs von Großbritannien gewonnen wurden, sind sie wahrscheinlich auch für die Leistungen von Kindern in anderen Ländern typisch. Alles in allem zeichnen sie ein Bild von Kindern, die ihre Sinne nicht genügend nutzen. Die Gründe, für eine Veränderungen dieser Situation einzutreten, basieren auf diesen Ergebnissen und auf der Überzeugung, daß die verschiedenen Aspekte der kindlichen Fähigkeit zu beobachten weiterentwickelt werden können und dies der naturwissenschaftlichen Bildung der Kinder dienen würde. Die Vorteile lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:

Beobachtung als Hilfe zur Entwicklung von Konzepten

Hierüber ist inzwischen schon viel gesagt worden. Wahrscheinlich müssen wir nur noch einmal betonen, daß Beobachtungen zusammengetragen und miteinander in Beziehung gesetzt werden müssen. Es macht keinen Sinn, wenn sie isoliert nebeneinander stehen gelassen werden.

Um wieder ein Beispiel zu geben: Kinder beobachteten mit Unterstützung ihrer Lehrerin die Kondensation von Wasserdampf aus einem kochenden Wasserkessel an einem kalten Teller. Bei der Diskussion darüber waren sie sehr schnell in der Lage, diese Beobachtung mit dem Beschlagen der Fenster in der Küche, wenn Gemüse gekocht wird, und dem Beschlagen von Spiegeln im Badezimmer, wenn ein Bad eingelassen wird, in Verbindung zu bringen. Aus diesen Beobachtungen konnten sie heraussuchen, worin sich die Bedingungen ähnelten, unter denen Wasser kondensiert, und hierdurch konnten sie den Prozeß der Kondensation verstehen.

Beobachtung als Mittel, um das Verstehen der natürlichen, physikalischen und technologischen Welt zu vergrößern

Die einfache Beobachtung, daß ein Bleistift, den man in ein Gefäß mit Wasser stellt, dicker als vorher erscheint, zeigt, daß Wasser wie ein Vergrößerungsglas wirken kann. Wenn man die natürliche Welt in ihren Details wahrnimmt, wird man sich der Vielfalt der Pflanzen und Tiere in ihr bewußt. So geschah es z.B., als Schüler in Gruppen kleine Abschnitte eines Feldes genauer untersuchten. Alle staunten gleichermaßen, wie viele unterschiedliche Pflanzen sich in so einem kleinen Stück Land finden ließen.

Beobachtung als Mittel, um naturwissenschaftliche Forschung anzuregen

Natürlich ist Beobachtung grundlegender Bestandteil jeder wissenschaftlichen Untersuchung. Sie ist in jeder Phase wichtig. Möglicherweise regt sie neue Erkundungen an, wie im Beispiel der Kindern, die, als sie Knochen von verschiedenen Tieren untersuchten, bemerkten, daß einige Knochen eine andere Farbe hatten. "Kommen verschiedenfarbige Knochen von unterschiedlichen Tieren?" war der Beginn eines Erkundungsprojekts.

Beobachtung als Mittel, um Schlüsse aus Untersuchungen zu ziehen

Obwohl viele andere prozeßorientierte Fähigkeiten ("process skills") bei der wissenschaftlichen Forschung von Bedeutung sind, spielt die Beobachtung eine besonders wichtige Rolle, denn die Qualität der gemachten Beobachtung bestimmt im wesentlichen, ob eine sinnvolle Schlußfolgerung gezogen werden kann. Die Verbindung zwischen dem, was gefunden wurde, und dem ursprünglichen Problem wird jedoch oft nicht hergestellt - Vergleiche oder andere Beobachtungen werden registriert, aber nicht weiter verwendet. Wenn Kinder beobachten, daß eine Spirale aus dünner Pappe sich dreht, wenn sie über einer Kerzenflamme aufgehängt wird, muß ihnen oftmals geholfen werden, diese Feststellung mit ihrer ursprünglichen Erkundung "Was geschieht mit der Luft, wenn sie erhitzt wird?" in Verbindung zu bringen. Bedeutet die Bewegung der Spirale, daß die Luft sich nach oben bewegt? Warum nicht hinunter? Eine Antwort hierauf zu finden, heißt, noch einmal hinzusehen, und zwar nicht nur darauf, ob die Spirale sich dreht, sondern auch, in welcher Richtung, und ob das damit zusammenhängt, daß sich Luft durch sie hindurch nach oben bewegt. Der Versuch, Schlußfolgerungen in dieser Art und Weise zu nutzen, schickt Kinder noch einmal in die Beobachtungssituation zurück und hilft, ihre Beobachtungsfähigkeit weiterzuentwickeln, während sie gebraucht wird..

Kindern helfen zu beobachten nach oben

Aktivitäten, die man nur mit dem Ziel plant, den Kindern Übungsmöglichkeiten zum Beobachten zu bieten (wie z.B. das oben erwähnte Beobachten der Kerzenflamme), sollten seltene Ereignisse bleiben. Wenn sie zu oft durchgeführt werden, verfehlen sie ihren Zweck. Sie werden dann sehr schnell langweilig und rufen routinierte Reaktionen hervor, bei denen nicht nachgedacht wird. Beobachtungen entwickeln sich häufig am besten in den Situationen, in denen sie sowieso angewandt werden. Da sie für ganz Unterschiedliches nützlich sein können, hängt das, was die Lehrerin dazu tun kann, um besseres Beobachten anzuregen, von der Rolle ab, die die Beobachtung bei der jeweiligen Aktivität spielt.

Zur Entwicklung von Konzepten beitragen

Die beiden wichtigsten Schritte, die eine Lehrerin tun kann, um mit Hilfe von Beobachtung die Entwicklung von Konzepten zu fördern, ist, Möglichkeiten dafür zu schaffen, daß beobachtet werden kann, und dafür, daß die Beobachtungen diskutiert werden können.

"Möglichkeit" bedeutet, daß es Zugang zu geeigneten Materialien und Ereignissen gibt und genügend Zeit, damit die Beobachtungen ins Detail und in die Tiefe gehen und, wenn nötig, wiederholt und verfeinert werden können. Die Lehrerin sollte die Materialien zum Beobachten so aussuchen, daß für die Konzepte und Verallgemeinerungen, die ihr wichtig sind, auch relevante Beobachtungen gemacht werden können. Das meint keine hoch strukturierten "Szenenaufbauten" (set pieces), sondern nur, daß die Materialien mit Bedacht gewählt werden sollten. Beispielsweise können Kinder viel mehr über die Entwicklung von Früchten und Samen lernen, wenn sie Früchte in verschiedenen Stadien der Reife beobachten, statt nur eine einzige Frucht zur Untersuchung zur Verfügung zu haben. Man könnte die Kinder bitten, die Früchte nach ihrem Reifegrad zu ordnen und dann zu sagen, welche Merkmale der Früchte für sie wichtig waren, um diese Abfolge herzustellen. Dabei erfahren sie aus erster Hand, von welchen Veränderungen die Entwicklung von Samen begleitet ist.

Zeit ist eine wichtige Dimension, wenn man Möglichkeiten zum Beobachten schafft. Viele Kinder scheinen nur oberflächlich zu beobachten und innerhalb weniger Minuten das Interesse zu verlieren. Aber dieselben Kinder kehren oft zu den Beobachtungsobjekten zurück, wenn sie Gelegenheit zum Nachdenken hatten, und besonders, wenn die Beobachtungen diskutiert wurden. Um auf das Experiment mit den Kerzen zurückzukommen, bei dem die beobachtenden Jungen zunächst keinen Unterschied in der Brenndauer der Kerzen unter den verschieden großen Marmeladengläsern gesehen hatten: Als sie bei der Wiederholung des Experiments gebeten wurden, besonders darauf zu achten, ob die Kerzen alle zur gleichen Zeit ausgehen würden, waren sie von ihrer "Entdeckung" so fasziniert, daß sie das Experiment wieder und wieder machen wollten, und jedesmal wurden sie sich ihrer Sache sicherer.

Diskussionen sind Prozesse, die für jeden Zweck von Beobachtung Bedeutung haben. (...) Welchen Beitrag die Diskussion in der Klasse zur Auswertung von Beobachtungen leisten kann, läßt sich am Beispiel der sechs- und siebenjährigen Kinder zeigen, die übersprudelnd erzählten, was sie alles gesehen hatten, während sie eine Unterrichtsstunde lang Mehlwürmer beobachtet hatten. Die Diskussion hätte leicht in Chaos münden können, da in großer Schnelligkeit ganz unterschiedliche Beiträge zum Bau und zum Verhalten der Mehlwürmer aufeinander folgten. Statt dessen blieb die Lehrerin bei dem Thema, das das erste Kind, das berichtete, zur Sprache brachte: die Anzahl der Beine, die die Mehlwürmer hatten. Die anderen Kinder sollten hierzu weitere Beobachtungen mitteilen, während andere Themen zurückgestellt wurden. Diese Entscheidung erwies sich als ausgesprochen sinnvoll, denn es stellte sich heraus, daß einige Kinder dachten, Mehlwürmer hätten 3 Beine, andere meinten, es seinen 6, und wieder andere behaupteten, sie hätten 8 Beine gesehen. So wurde diese Diskussion zu einem beträchtlichen Stimulus für weitere Beobachtungen, die sich auf diesen Aspekt konzentrierten, und die Beobachtungen, die jetzt gemacht wurden, waren bei weitem detaillierter und genauer als beim ersten Mal.

Wissen erweitern

Wenn Lehrerinnen möchten, daß Kinder ganz besondere Veränderungen oder Details bemerken, muß für die Beobachtungen ein gewisser Rahmen bereitgestellt werden. Folgende drei Lösungen haben sich hierfür als besonders sinnvoll erwiesen: Zeichnen, Diskussion und Fragen benennen, die durch eigene Nachforschungen beantwortet werden können.

Das Zeichnen spielt, wenn man möchte, daß ein bestimmtes Objekt genauer angesehen und darüber etwas gelernt wird, eine altehrwürdige Rolle. Manche haben Zweifel geäußert, ob dieser Ruf gerechtfertigt ist. Sicherlich ist nicht anzunehmen, daß die Tätigkeit des Zeichnens an sich schon Wissen vergrößert. Aber diese Aufgabe kann den Kindern auf verschiedene Art und Weise nahe gebracht werden. Beispielsweise forderte eine Lehrerin, bevor sie die Kinder nach draußen schickte, um Grashüpfer zu zeichnen, sie auf, Grashüpfer so gut sie konnten aus dem Gedächtnis zu zeichnen. Ziemlich schnell fiel den Kindern auf, was sie alles über Grashüpfer nicht wußten, und sie ergriffen begierig die Gelegenheit, dies alles durch Beobachtung herauszufinden.

Diskussionen können in einer Gruppe den gleichen Zweck erfüllen, wie Zeichnen auf individueller Basis, nämlich, ein Bewußtsein dafür zu gewinnen, welche Informationen man durch Beobachtungen erhalten kann. Eine Klasse, die eine Kirche unter dem Gesichtspunkt des Alterns und Verwitterns von Steinen erkundete, war hierauf vorher durch eine Diskussion vorbereitet worden. Die Lehrerin hatte die Kinder hierbei unter anderem gefragt, an welchen Stellen ihrer Meinung nach die Steine am meisten abgenutzt sein würden, woran sie Verwitterung und Abnutzung erkennen würden, worin sich ihrer Meinung nach alte von neuen Steinen unterschieden würden, usw.. In der Diskussion gab es in kaum einem Punkt Übereinstimmung, und hierdurch wuchs das Interesse der Kinder, selbst nachzusehen. Sie machten dann Beobachtungen, die ohne den fokussierenden Effekt der Diskussion mit Sicherheit nicht zustande gekommen wären.

Fragen, die Nachforschungen anregen sollen, können als allgemeines Problem formuliert, oder aber so gestellt werden, daß sie schon einen Hinweis auf die Art der Beobachtung, die zu ihrer Beantwortung beiträgt, enthalten. Die Frage "Welchen Unterschied macht heißes Wasser, wenn Zucker gelöst wird?" läßt die Entscheidung offen, welche Beobachtungen gemacht werden sollen. "Löst sich Zucker schneller in heißem oder kaltem Wasser?" richtet die Aufmerksamkeit auf die Zeit, die Zucker braucht, um sich aufzulösen. Wenn die Kinder mit allgemein formulierten Problemen anfangen, brauchen sie wahrscheinlich Hilfe, um herauszufinden, welche Beobachtungen für ihre Untersuchung von Bedeutung sind. Viele "Was passiert, wenn..."- Fragen profitieren von einer solchen Handhabung. Nehmen Sie z.B. die Frage: "Was passiert, wenn wir einen Pfannkuchen mit Backpulver statt nur mit Mehl backen?" Wenn darüber nicht weiter geredet wird, suchen die Kinder wahrscheinlich zwischen den Pfannkuchen aus verschiedenen Backmischungen nur nach Unterschieden, wenn sie schon fertig sind - vielleicht im Geschmack. Nach einer vorhergehenden Diskussion sind sie wahrscheinlich viel eher daran interessiert, auch nach Unterschieden in jedem Stadium des Vorgangs zu suchen. Deshalb werden die beiden Pfannkuchenteige gleichzeitig hergestellt und Beobachtungen angestellt, wenn die Zutaten zusammengerührt werden, direkt vorm Backen, beim Backen und nach dem Backen. Wenn dann die Blasen in der Mischung mit Backpulver auftauchen, sobald der Teig heiß wird, wird den Kindern wahrscheinlich klar, welche Rolle Treibmittel beim Backen spielen.

Nachforschungen anregen

Eine kurze Zeitspanne freier Beobachtung oder freien Spiels mit Material ist die wirksamste Form, Kinder dazu anzuregen, Fragen zu stellen oder sich über die Dinge zu wundern. Die hierfür eingeräumte Zeit sollte nicht zu lang sein. Einige neuere Forschungsergebnisse (Symington 1981) legen nahe, daß 10 Minuten ausreichend sind. Es hat sich außerdem gezeigt, daß die bereitgestellten Materialien von beträchtlicher Wirkung sind. Sie sollten so ausgewählt werden, daß Unterschiede zwischen Objekten oder Ereignissen leicht beobachtet werden können. Die entsprechenden Beobachtungen führen automatisch dazu, daß danach gefragt wird, warum es Unterschiede gibt. Wenn man Kindern beispielsweise nur ein einziges Pendel gibt, ein Gewicht an einer Strippe, aber nur eins, dann beobachten sie nicht notwendigerweise, daß die Zahl der Schwingungen in einer bestimmten Zeit ganz unterschiedlich sein kann. Wenn man ihnen jedoch zwei Pendel verschiedener Länge gibt, an denen unterschiedlich schwere Gewichte hängen, fällt ihnen mit ziemlicher Sicherheit auf, daß ein Pendel schneller als das andere schwingt. Folglich werden sie zu fragen beginnen, ob dieser Unterschied von der Strippe, vom Gewicht oder von beidem herrührt.

Schlußfolgerungen ziehen

Schlußfolgerungen beziehen sich allgemein auf Beziehungen zwischen Aussagen und sind als solche abstrakt. Die Beobachtungen, aus denen heraus sie abgeleitet werden, sind konkrete Begebenheiten, die in die Schlußfolgerungen eingehen. Die Verbindung zwischen den konkreten Begebenheiten und der Abstraktion darf bei den kindlichen Verallgemeinerungen niemals verlorengehen. Die Lehrerinnen müssen sicherstellen, daß die Kinder diese Verbindung begreifen und die Schlußfolgerungen als einen angemessenen Weg sehen, um ihre Ergebnisse zusammenzufassen, nicht als etwas, das davon getrennt ist. Es hilft, die Konsequenzen der von ihnen angebotenen Schlußfolgerungen oder Verallgemeinerungen zu der Zeit zu diskutieren, zu der sie durch Beobachtungen noch überprüft werden können. Wenn beispielsweise einige Kinder davon überzeugt sind, daß das Gewicht der Pendelkugel doch einen Unterschied beim Schwingen ausmacht, sollte man sie zu einer Vorhersage auffordern, wie sich ihrer Meinung nach ein Pendel mit einem größeren Gewicht verhalten wird, und sie dann ermutigen, dies einmal auszuprobieren. Wenn die Pendelkugel, die sie auswählen, außerdem noch eine andere Form als die mit der geringeren Masse hat, kommen sie vielleicht auf die Idee, auch diese Variable zu untersuchen.

Ein ähnliches Beispiel: Wenn Kinder folgern, daß Kondensation an sehr kalten Objekten auftritt, könnte man sie fragen, ob der gleiche Effekt auch bei einem Gegenstand eintritt, der Zimmertemperatur hat. Sie könnten dann versuchen, Wasser unter diesen Bedingungen kondensieren zu lassen, um zu sehen, ob sie ihre Schlußfolgerung aufrechterhalten können. Auf diese Weise kommt es zu weiterführenden Beobachtungen, die den Kindern helfen, verläßlichere Schlüsse zu ziehen. Außerdem fällt ihnen vielleicht noch etwas anderes auf: daß man Verallgemeinerungen immer nur als vorläufig betrachten sollte, und daß man sie ändern kann, wenn neues Beweismaterial auftaucht.

Auch das Nachfragen der Lehrerin sollte nicht erst am Ende einer Untersuchung geschehen. Im Idealfall sollte sie beobachten, wie die Kindern ihre Nachforschungen durchführen, aber natürlich kann sie nicht überall zugleich sein. Wenn sie mit einer Gruppe über deren Fortschritte redet, ist es unvermeidlich, daß sie nicht weiß, ob bestimmte Details, die für die Untersuchung kritisch sind, auch beobachtet wurden. Das Nachfragen sollte deshalb zunächst darauf zielen, alle bisher gefundenen Beweise zusammenzutragen. Wenn unerwartete Ergebnisse berichtet werden, sollte die Lehrerin zunächst darum bitten, den Versuch noch einmal durchzuspielen, ohne zu unterstellen, daß das, was die Kinder herausgefunden haben, "falsch" ist. Nehmen wir als Beispiel die Kindergruppe, die die relative Stärke unterschiedlicher Garne messen wollte. Sie berichteten der Lehrerin, daß die Dicke der Fäden keinen Einfluß auf ihre Stärke habe. Auf die Aufforderung "Erzählt mal, wie ihr zu dieser Entscheidung gekommen seid", antworteten sie: "Naja, wir haben 600 g an den dicken Faden gehängt, und er ist gerissen, und bei dem dünnen Faden passierte dann das gleiche." Hier verhinderte mangelhafte Technik beim Experimentieren, daß die Schüler die Beobachtungen machen konnten, die die Lehrerin erwartete. Es passiert oft, daß Kinder gerade nicht die Dinge beobachten, von denen wir annehmen, daß sie sie beobachten. Das liegt daran, weil wir als Erwachsene wissen, daß es eine Gelegenheit zum Beobachten gibt. Was die Kinder beobachten, kann sich aus einer Fülle von Gründen davon eigentümlich unterscheiden.

Zusammenfassung der wichtigsten Punkte nach oben

Das Beobachten ist ein wichtiges Mittel, durch das wir Informationen über die Welt um uns herum sammeln. Es ist eine Fertigkeit, die Kinder entwickeln können und sollten, so daß sie wirksamer und direkter von den Objekten und Materialien, die sie umgeben, lernen können. Der Wert, den das Entwickeln der Beobachtungsfähigkeit für die Kinder hat, sollte nicht daran gemessen werden, ob sie zum genaueren Beobachten in der Lage sind, sondern daran, ob sie es auch wirklich tun, und ob sie, wenn sie es tun, besser darin werden, grundlegende Ideen zu begreifen, Informationen zu sammeln, Untersuchungen vorzuschlagen und aus ihnen Schlüsse zu ziehen. Wir haben Forschungsergebnisse zitiert, um zu zeigen, daß die Beobachtungsfähigkeit der Kinder zu wenig genutzt wird; Kinder sind in der Lage, Details wahrzunehmen und Zusammenhänge zwischen verschiedenen Ereignissen zu sehen, aber oft fällt ihnen dies nicht auf, bevor man sie nicht darauf hinweist. Dies bekräftigt das Argument, daß Beobachten nicht das gleiche ist wie seine Sinne benutzen. Was wir wahrnehmen, ist von den vorhandenen Ideen, Erwartungen und von unserer Sichtweise der Aufgabe bestimmt.

Einige Aspekte der Rolle, die die Beobachtung beim Lernen spielt, haben wir beschrieben: ihren Beitrag zur Entwicklung grundlegender Ideen, zur Erweiterung von Wissen, zur Anregung von Untersuchungen und zum Ziehen von Schlußfolgerungen aus diesen Untersuchungen. Aktivitäten, an die man denken könnte, wenn man möchte, daß sich die Beobachtungsfähigkeit weiterentwickelt und diesen Erwartungen entspricht, lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:

Wie man das Beobachten entwickeln und seine Rolle beim Lernen fördern kann:

1. Geben Sie den Kindern immer genügend Zeit, um etwas zu beobachten. Wenn neues Material eingeführt wird, räumen sie ungefähr 10 Minuten für freies Spiel ein, bevor Sie anfangen, Beobachtungen zu diskutieren oder sie auf bestimmte Ziele hin zu richten.

2. Wenn es angebracht ist, geben Sie den Kindern nach der anfänglichen Beobachtungszeit klare Hinweise, um über das oberflächliche Wahrnehmen hinaus und ins Detail zu gehen. Manchmal kann man der Beobachtung einen Schwerpunkt geben, wenn man eine klar umrissene Aufgabe stellt - zu zeichnen, Fragen zu beantworten, bestimmte Merkmale miteinander zu vergleichen.

3. Stellen Sie den Kindern eine Fülle von Material zur Verfügung, mit dem sie umgehen und das sie beobachten können.

4. Machen sie sich Gedanken über die Auswahl der Materialien, damit die Kinder durch Beobachtung Unterschiede und Ähnlichkeiten, Zusammenhänge in Ereignissen und Beweise, aus denen sich vorläufige Schlüsse ziehen lassen, finden können.

5. Organisieren Sie die Beobachtungsaktivitäten so, daß die Kinder in Gruppen über das sprechen können, was sie herausfinden.

6. Organisieren sie Diskussionen in der ganzen Klasse, bei denen Gruppen oder einzelne Schüler sich gegenseitig erzählen können, was sie beobachtet haben.

7. Schaffen Sie gelegentlich einen Anreiz zum Beobachten, indem Sie Ereignisse oder Gegenstände im vorhinein diskutieren, so daß die Kinder bereit sind, nach ganz bestimmten Beweisen oder Informationen Ausschau zu halten (besonders, wenn, wie bei einer Exkursion, die Zeit zum Beobachten begrenzt ist).

8. Achten Sie darauf, welche Art von Fragen Sie den Kindern als Anreiz für ihre Erkundungen stellen wollen. Weit formulierte Fragen haben den Vorzug, daß sie den Kindern erlauben, selbst zu entscheiden, was sie beobachten wollen. Eng formulierte Fragen haben hingegen ihre Berechtigung, wenn den Kindern sonst etwas Besonderes entgehen könnte.

Literaturhinweise: nach oben

Department of Education and Science: APU Science Report for Teachers 1: Science at age 11. (ASE Hatfield 1983)

Symington, David: Scientific Problems seen by Primary School Pupils. Unpublished Ph.D. Thesis, Monash University, Australia, 1980.